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Im Geburtstalk: Cheftrainer Christian Ilzer

Seit dem 17. Juli 2020 schwingt Christian Ilzer das Trainingszepter und hat gemeinsam mit seinem Trainerteam und Sportchef Andreas Schicker die sportliche Wende eingeleitet. Zuletzt qualifizierten sich die Grazer zum 2. Mal hintereinander für die Europa League Gruppenphase und haben vor den entscheidenden letzten beiden Gruppenspielen im Aufstiegsrennen alle Trümpfe in der eigenen Hand – ein Riesenverdienst vom seit heute 45-Jährigen.

Du hast ja bereits bei einige Stationen in deiner Trainerkarriere Halt gemacht: Wie kann man sich immer wieder auf's neue Motivieren, wo kommt dieser Wille nach mehr her?

Ich muss sagen, ich bin ein ehrgeiziger Mensch und habe das schon ein bisschen in die Wiege gelegt bekommen. Allerdings war dieser Ehrgeiz früher sogar noch stärker ausgeprägt. Als Trainer verfolgt man immer ein Streben nach Perfektion, aber man kann oft nicht allem gerecht werden und muss sich auch auf Bauchgefühl verlassen und improvisieren können.

Worin wolltest du immer besser sein?

Sei es Schulnoten, Wettläufe, bei diversen Challenges mit meinen Freunden oder mit meinem Vater, der Ehrgeiz war immer der Gewinner. Ich war und bin relativ selten mit mir selbst zufrieden, manchmal reflektiere ich aber und denke mir "Ja, dass habe ich gut hinbekommen". Trotzdem überwiegt der Wille, dass ich einfach nach noch mehr strebe. Insgesamt ist diese Mischung aus Ehrgeiz und Willen für mich sehr gut und erfüllend. Wenn ich selbst sehe, wie ich mich in meiner Trainerpersönlichkeit, in meinen Skills und dergleichen weiterentwickelt habe, das erfüllt einen schon mit einer gewissen Portion Stolz. Ich bin ein Gewinnertyp, es macht mir Spaß. Jedoch auch die Geschichte zu reifen und Dinge zu schaffen, die man sich vielleicht vor Jahren noch nicht zutraut hätte, dass macht dann auch Spaß und gibt mir dann auch eine Art von Erfüllung. Ich kann sagen, dass ich mit dem Beruf des Fußballtrainer aktuell meinen Traum lebe. Auch die Entwicklung im Trainerdasein selbst – in der ich mich noch lange nicht am Ende sehe – ist äußerst spannend und macht meinen Beruf nie zu einem langweiligen Dasein.

Stichwort Traumberuf: Nur wenige Personen werden erfolgreiche Trainer, ohne in früheren Jahren ihr Geld als Fußballprofi verdient zu haben. Wie verlief deine Spielerkarriere?

Kurzfassung: Es war bescheiden (lacht). Nein, trotzdem, ich kann sagen, dass ich es geliebt habe, selbst Fußball zu spielen. Damals war ich ein Teil einer extrem erfolgreichen Jugendmannschaft und ich habe es unglaublich gemocht, in diesem Team zu spielen. Mit Puch bei Weiz haben wir dann sogar um die steirische Meisterschaft mitgespielt, gewonnen haben wir sie aber nicht, wenn ich mich nicht irre.

Wo auf dem Feld konnte man dem jungen Chris Ilzer begegnen?

Ich war in meinen zehn Jahren im Nachwuchs immer Stürmer, ein geradliniger, schneller Stürmer und mit einem guten Abschluss ausgestattet. Ich habe wirklich viele Tore gemacht. Ich will jetzt nicht lügen, aber pro Saison waren es sicher um die dreißig, wenn nicht noch mehr! Durch den persönlichen und mannschaftlichen Erfolg ist die Begeisterung für den Fußballsport von Jahr zu Jahr stärker geworden.

Christian Ilzer ist nicht nur Feuer und Flamme an der Seitenoutlinie, er gibt seiner Mannschaft beinahe über die gesamte Spielzeit hinweg taktische Anweisungen mit auf den Weg. © GEPA Pictures

Warum kennt dann nicht ganz Österreich die Stürmerlegende Christian Ilzer sondern stattdessen den Taktikfuchs und Trainer Christian Ilzer?

1995/96 herum sollte ich an die Kampfmannschaft herangeführt werden, doch
es sollte nicht sein. Ich riss mir das erste Mal das Kreuzband und das hat dann meinen Traum von Fußballprofi etwas durcheinandergebracht. Leider folgten dann noch zwei weitere Kreuzbandrisse und etliche weitere Verletzungen, sodass ich dem Traum einer Profikarriere sehr früh Lebewohl sagen musste. Diese persönlichen, körperlichen Rückschläge bremsten aber keineswegs meine Begeisterung für den Fußball, ganz im Gegenteil. Ich habe während meiner Verletzungsphasen schon begonnen, mich mit dem Trainerjob zu beschäftigen. Aufgrund meiner Verletzungen war dann das Interesse an Medizin und Sportwissenschaft ebenfalls sehr hoch. Somit begrub ich für mich persönlich den Traum vom Fußballprofi etwas und spielte beim SV Anger, dort traf ich das erste Mal auf Uwe Hölzl, er beackerte den linken Flügel, ich den rechten. Später ging ich zu Weiz und wanderte von den Positionen her von der Offensive ins Zentralen Mittelfeld, dann auf die Sechs und schlussendlich auf die Innenverteidigerposition. Nach meinem 4. Kreuzbandriss hing ich meine Fußballschuhe endgültig an den Nagel, weil mir meine Gesundheit wichtiger war. Ich wollte im Alter noch normal Sport betreiben können, das war und ist mir immer schon sehr wichtig gewesen.

Also war es mehr oder minder Berufung, dass du Trainer wirst? Quasi alle Positionen am Feld verkörpert zu haben und den taktischen Vorgaben gerecht zu werden, erfordert viel Verständnis.

Ja, also das fängt nicht nur bei den verschiedenen Positionen an. Ich habe ja zehn schöne Jahre in einer Nachwuchsmannschaft gespielt und mitbekommen, welche Charaktere es braucht, um eine Erfolgsmannschaft zu werden. Gleiches gilt natürlich zu gewissen Teilen auch für meine verschiedenen Positionen, die ich bekleidet habe. Generell zeichnet eine Erfolgsmannschaft ein Spielstil aus, mit dem man sich auch identifizieren kann und auch über längere Zeit hinweg wächst und Beständigkeit hat. Natürlich muss auch immer wieder im Detail nachjustiert werden, weil das auch ein ständig laufender Prozess ist wo sich dann auch die Gegner darauf einstellen. Es gibt dabei kein Rasten und kein Ruhen. Man muss einfach immer am Puls der Zeit bleiben und ständig einen Schritt voraus sein.

Unser aktuelles System ist ja sehr pressingorientiert: Welche Komponenten sind für dich und dein Spiel besonders wichtig?

Für mich sind da die Geschwindigkeit und die Dynamik zwei wichtige Elemente, dass wirkt einfach für das Auge des Zusehers sehr, sehr attraktiv. Mit der Aggressivität, mit der man den Gegnern versucht, den Ball abzujagen, das ist genauso ein wichtiges Element unseres Spiels wie im Ballbesitzspiel die richtigen Positionierungen zu finden. Es ist sehr wichtig, dass man fähig ist, permanent zu beschleunigen, es dem Gegner permanent mit einer sehr dynamischen Positionierung richtig schwer zu machen, alle Passwege und alle Räume zu schließen und so auch insgesamt Dominanz auszustrahlen. Der mentale Zugang im Spiel ist auch sehr hervorzuheben. Man muss versuchen, Wirkung auf die gegnerischen Spieler zu haben. Und dahingehend will ich meinen Jungs, meinen Spielern das nötige Rüstzeug verpassen und die nötige Identität. Es ist einfach ein langer Prozess, aber auch ein richtig cooler, eine Mannschaft zu begleiten und die verschiedensten Positionen als Trainer einzunehmen und dann auch am Feld zu merken, wie das alles im besser funktioniert, wenn die Automatismen anfangen, besser zu greifen.

Es gibt dabei kein Rasten und kein Ruhen. Man muss einfach immer am Puls der Zeit bleiben und ständig einen Schritt voraus sein.“

Christian Ilzer

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