
Match per Operngucker verfolgt
„Ich verbrachte meine Kindheit und Jugend in der elterlichen Wohnung in der Arndtgasse im Bezirk Jakomini. Kein Wunder, dass ich von klein auf Sturm-Anhänger war und eine besondere Beziehung zur Gruabn habe, liegt die Gasse doch in unmittelbarer Nähe des Sturmplatzes“, sagte Kurt Jungwirth in einem Gespräch für das 2019 erschienene Buch „Mythos Gruabn“. Als Kind verfolgte er vom Fenster im dritten Stock mit dem Operngucker seiner Eltern viele Spiele der Schwarz-weißen, später sah er – der 1933 als Vierjähriger noch den Bau der Holztribüne beobachtet hatte – viele Matches auch im Stadion oder via TV. Einmal Sturm, immer Sturm. Der langjährige steirische Kulturpolitiker, Schachfunktionär Senator Prof. h.c. Kurt Jungwirth, ist – wie heute bekannt wurde – am Dienstag im 96. Lebensjahr im Kreise seiner Familie verstorben.
Sturm-Präsident Jauk kondoliert
„Für uns Jugendliche war das Kicken das einzige Freizeitvergnügen. Wir spielten entweder am Körnerplatz oder auf der Wiese östlich des Sturmplatzes“, erinnerte sich Jungwirth, der auch einmal gefragt wurde, ob er nicht bei Sturm spielen möchte: „Ich war stolz und machte mir natürlich ernsthaft Gedanken darüber, mich dem Verein anzuschließen und am Sturmplatz zu trainieren.“ Er tat es aber doch nicht, sein Vater war an den Spätfolgen des Ersten Weltkriegs gestorben, sein großer Bruder in Russland gefallen: „Ich war der einzige Sohn meiner Mutter, die jeden Groschen umdrehen musste, und wollte die Schule so rasch und gut wie möglich fertig machen und Sprachen studieren. Aber ich war bei fast allen Sturm-Spielen nach dem Krieg als Zuschauer dabei.“
Sturm-Präsident Christian Jauk kondolierte den Hinterbliebenen und bezeichnete den Verstorbenen als „eine der größten Persönlichkeiten der Steiermark“: „Wir waren immer stolz darauf, dass Kurt Jungwirth Teil unserer Sturm-Familie war.“ Zu seinem 90. Geburtstag bekam Jungwirth von Jauk ein Sturm-Trikot mit der Nummer 90 und seinem Namen geschenkt.

Ein Herz für Schach und die Avantgarde
Kurt Jungwirth war ein Paradebeispiel dafür, dass ein Kulturmensch, ein Vor- und Nachdenker, auch ein passionierter Fußballfan sein kann. Konkret: ein Sturm-Fan. Der Romanist wurde in den 1960er-Jahren wurde er mit der Redaktionsleitung der Kulturzeitschrift steirische berichte des Steirischen Volksbildungswerks betraut. Ab 1970 übte er den Beruf des Landesrates für Kultur in der steirischen Landesregierung aus. Jungwirth initiierte aus Sorge um die bauliche Entwicklung der steirischen Landeshauptstadt das Grazer Altstadterhaltungsgesetz, auch die Gründung des Musikfestivals styriarte fiel in seine Amtszeit. Und als Präsident des Avantgardefestivals steirischer herbst stellte er Nähe, Verständnis und Toleranz für bisweilen unbequeme, zeitgenössische Kunst unter Beweis. Jungwirths Vielseitigkeit zeigte sich auch durch seine lebenslange Verbundenheit mit dem Schachsport. Mehr als 35 Jahre lang agierte er als Präsident des Österreichischen Schachbundes, von 1978 bis 1986 darüber hinaus Vizepräsident des Internationalen Schachverbands (FIDE), von 1986 bis 1998 Präsident der European Chess Union (ECU) und von 1990 bis 1998 Kontinentalpräsident der FIDE für Europa. „Ein guter Schachspieler muss viel Fantasie haben. Während einer Partie versinkt die Welt rundum“, sagte er einmal.

Vielfach ausgezeichneter Humanist
Der überaus frankophile und weltoffene Kulturpolitiker brachte in die Politik das ein, was heute nicht immer auf der Tagesordnung steht: Humanismus. Dieser Respekt für den anderen machte ihn, der auch streitbar sein konnte, in unterschiedlichen politischen Lagern beliebt. „Er verstand es, ganz im Sinne des Wortes von Erzherzog Johann ,Stillstehen und Zurückbleiben ist im regen Leben des immer neuen Weltschauspiels einerlei‘ die Wichtigkeit des Bewahrens mit der Notwendigkeit des Erneuerns zu verbinden“, heißt es in einem vom Universalmuseum Joanneum veröffentlichten Nachruf. Trotz seiner vielen Interessen und Verpflichtungen hielt Kurt Jungwirth Sturm Graz bis zuletzt die Treue, erkundigte sich immer wieder, wie es „seinen“ Schwarzen geht. Jungwirth war Ehrenringträger des Landes Steiermark und der Stadt Graz, Ehrensenator der Universität Graz und erhielt 2007 vom Bundespräsidenten das „Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern“ für Verdienste um die Republik Österreich.
Die Sturm-Familie trauert um einen großen Steirer!
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