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Günter Paulitsch wird 85

Golfclub-Präsident, Gerichtschef in Ruhe, Fußball-Trainer in der obersten Spielklasse, Nationaltormann, Günter Paulitsch brachte alles unter einen Hut – und das mit Erfolg.

Günter Paulitsch im Kreise der Sturm-Legenden. © GEPA pictures

Den Hofrat verschweigt er

Den Titel „Hofrat“, der ihm als langjährigen Chef des Bezirksgerichtes Graz-Paulustorgasse verliehen wurde, verschweigt er bescheiden. Stolz ist er auf seine sportliche und berufliche Karriere, und das zu Recht.

Geboren am 14. November 1939 als Sohn eines gestrengen Gendarmerie-Offiziers bestand Günter mit 18 im Juni 1958 die Matura. Damals war er Tormann beim Landesligaklub Maschinenfabrik Andritz, was er seinem Vater übrigens lange Zeit verschwiegen hatte. Im Maturajahr 1958 wurde der Sportklub Sturm sein Schicksal: Gernot Fraydl (geboren am 10. Dezember 1939) und Günter Paulitsch standen beide in der steirischen Juniorenauswahl. Und beide waren Wunschkandidaten bei Sturm, wo man hinter Franz Mikscha (damals 23) einen talentierten Keeper suchte.

Paulitsch reiste („mit einem falschen Spielerpass“, wie er erzählt) zu Ostern 1958 mit den Junioren zu einem Turnier nach Bad Homburg. Dort wurde er zum besten Tormann gewählt. Sturm nahm Paulitsch unter Vertrag, obwohl sich Andritz – eher GAK-orientiert – anfangs sperrte. Sein Pech: Im Juni 1958 musste Sturm überraschend in die B-Liga absteigen.

Zwei große Sturm-Keeper: Paulitsch mit Damir Grloci. © GEPA pictures

Als die Gruabn ergrünte

Für Paulitsch hieß es anfangs hinter Franz Mikscha – mein Rivale, aber ein wunderbarer Mensch und Freund in all den Jahren – zurückstehen. „Ich trainierte, spielte in der Reserve und begann mit dem Jus-Studium. Da wurde „Mischi“ am 10. Mai 1959 im Derby gegen Austria Graz (1:1) wegen „Beleidigung von Schiri Kudelka“ ausgeschlossen und gesperrt. Günter Paulitsch nutzte die Chance, hielt beim sensationellen 3:1 bei Tabellenführer Wiener Neustadt unter anderem einen Pichler-Elfmeter und stand dann auch am 31. Mai 1959 bei der Wiedereröffnung der mit einem neuen Rasen versehenen Gruabn im Tor. Sturm siegte vor vollem Haus mit der Mannschaft Paulitsch; Peindl, Neuhold, Anton Reiter; Macher, Jarc; Fischer, Finding, Mühlbauer, Tautscher, Klug über Stadlau mit 3:0.

1962 fiel Franz Mikscha mit einer Handverletzung längere Zeit aus, nun war Günter Paulitsch die Nummer eins im Sturmtor. Im Aufstiegskampf lag man zwar hinter den starken Kapfenbergern knapp zurück, doch der 10. Dezember 1962 war wieder ein Fixpunkt: Beim Spiel gegen Vorwärts Steyr (4:0) auf schneebedecktem Boden verkündete Platzsprecher Günther Schrey stolz die Promotion des Günter Paulitsch zum Doktor der Rechte. Günter war somit der erste Fußball-Akademiker der Steiermark seit 1945. Chemiker Helmut Hauser folgte ein Jahr später.

Günter Paulitsch mit Deutschlands einstigem Star-Goalie Sepp Maier. © GEPA pictures

Bela Gutmann und das Nationalteam

Im Sommer 1964 stand Sturm nach sechs Jahren zweite Liga endlich wieder vor den Toren der Staatsliga. Die Truppe Dr. Paulitsch; Aigner, Macher, Swoboda; Leeb, Wolf; Sajko, Knechtl, Medle, Wagner, Reisinger siegte in Villach-Lind mit 3:1 und feierte mit Trainer Rudolf Suchanek den ersehnten Aufstieg.

Der Herbst 64 brachte den nächsten Höhepunkt für Paulitsch: Auf der Hütteldorfer Pfarrwiese war der damalige Teamtrainer Bela Gutmann – eine Fußball-Legende par excellence, Ungar, mit Benfica Lissabon dreifacher Europapokal-Sieger – anwesend und vom „Doktor“ begeistert. Er nominierte ihn für das Ländermatch gegen die Sowjet-Union am 11. Oktober 1964 im Praterstadion. Eine ausgewachsene Sensation, denn Österreich verfügte mit Roman Pichler (Rapid), Rudi Szanwald (Sportclub), Gernot Fraydl (Austria) und Kurt Schmied (Vienna) über eine heute unvorstellbare Anzahl an Klassetorleuten. Das Team Dr. Paulitsch; Halla, Glechner, Viehböck; Skocik, Koller; Kaltenbrunner, Flögel, Nemec (Hasil), Hiesel (Windisch), Hörmayer (Skerlan) siegte sensationell mit 1:0. Walter Glechner bezwang in der 44. Minute „Weltgoalie“ Lew Jaschin. Paulitsch war nach Helmut Senekowitsch der zweite Nationalspieler des SK Sturm.

Drei schwarz-weiße Top-Keeper: Otto Konrad, Günter Paulitsch und Fritz Benko. © GEPA pictures

Sturm – Vienna und retour

1965 wurde dann der Wiener Edi Frühwirth Teamchef, er griff wieder auf Fraydl und Szanwald zurück. Paulitsch aber hatte einen Namen und wurde 1965 nach dem unglücklichen Abstieg Sturms vom damaligen Spitzenklub Vienna – mit dem Filmregisseur Franz Antel als Präsident - engagiert.

„Das war für mich eine andere Welt“, erinnert sich Paulitsch, der mit Kraushofer alternierend in der Ersten spielte. „So lange Karl Koller aktiv war, waren wir Spitze, er war eine großartige Persönlichkeit. Doch nach seinem Karriereende 1966 begann es zu kriseln, es entstanden Grüppchen in der Mannschaft“.

So wechselte Paulitsch 1967 nach bestandener Richterprüfung zurück zu Sturm, wo es vorerst unter Trainer Karl Kowanz „Tage der offenen Tür“ mit bitteren Niederlagen gab. Unter Gerd Springer und seiner rustikalen Taktik ging es aber mit den steirischen Diamanten Kaiser, Peintinger, Huberts steil bergauf. Rang sieben 1968, dann Rang fünf 1969 und Rang drei 1970, wobei Sturm lange Zeit auf dem zweiten Tabellenplatz lag. Graz lag Springer zu Füßen.

Unvergessen im Oktober 1968 das 3:1 über den GAK mit Dr. Paulitsch; Berek, Ruß, Franz Reiter; Fuchs, Wagner; Tesourinho, Peintinger (Murlasits), Kaiser, Heli Huberts, Springer mit Toren von Springer junior 2 und Murlasits. Es war das letzte Spiel der GAK-Stopperlegende Erich Frisch. Ab Sommer 1968 löste Damir Grloci Franz Mikscha als Goali neben Paulitsch ab. Der „Clown aus Maribor“ wurde Liebling der Fans, Paulitsch spielte, wenn Berek und Tesourinha aufgeboten waren. Wegen der Ausländerklausel – nur zwei Legionäre waren zugelassen – musste dann Grlo zuschauen.

Der Richter mit Walter Peintinger. © GEPA pictures

„Amateur-Trainer“ bei Franz Gady

1971 hatte Günter Paulitsch zwar noch einen Vertrag über ein Jahr, doch die Gelenksschmerzen nahmen überhand. Sturm verfügte mit Grloci und dem 18-jährigen Fritz Benko über zwei gute Torleute – also ersuchte Paulitsch den jungen Präsidenten Hans Gert um Auflösung des Vertrages.

Gert stimmte zu, aber unter einer Bedingung: Paulitsch sollte den unterklassigen Klub Gady Lebring kostenlos trainieren, im Gegenzug erhoffte sich Gert von seinem Freund Franz Gady ein Sponsoring für Sturm. Paulitsch war einverstanden und Gady sponserte Sturm, trat im März 1972 sogar in den Sturm-Vorstand als Vizepräsident ein. In Lebring hatte der Richter Paulitsch Erfolg, stieg in sechs Jahren dreimal in die jeweils höhere Liga auf.

Auch mit Andi Gabalier unterhielt sich Paulitsch blendend. © GEPA pictures

1977 bis 1980 Sturm-Cheftrainer

Im Frühjahr 1977 ging die fünfjährige Ära Karl Schlechta ihrem Ende entgegen. Gady - Hans Gert war mittlerweile 34jährig verstorben - war von Paulitsch überzeugt, wollte auch sparen und überredete den Richter, für ein Jahr Sturm zu coachen.

Aus einem Jahr wurden nahezu drei Jahre, wobei die Saisonen 1977/78 und 1978/79 Erfolgsgeschichten mit jeweils Rang vier und der UEFA-Pokal-Qualifikation wurden. Man muss sich vorstellen, Paulitsch eilte am frühen Nachmittag vom Gericht zur Gruabn zum Training. Sein Kotrainer war der ÖBB-Pensionist Gustl Rumpf, einstige Spielerikone der Grazer Austria. Masseur Ernst Brandl kam am Nachmittag von seinem Job bei den Puchwerken. Abgesehen von den Legionären Seneca, Stendal und Boyron sowie später Schilcher waren alle Spieler berufstätig.

Im Frühjahr 1978 – Österreich spielte damals wegen der WM 78 in Argentinien eine „Wintermeisterschaft“, die bereits am 11.Jänner bei Eis und Kälte begann – verfügte Paulitsch mit Saria (Rampitsch, Benko); Wirth, Seneca, Heri Weber, Schauss; Pichler, Steiner, Ringert; Kulmer (Gölles), Toni Haas, Jurtin über eine tolle Truppe, die wochenlang die weiße Weste behielt. Die Innenverteidigung Seneca, Weber war Klasse, Toni Haas ersetzte den verletzten Stendal hervorragend.

Paulitsch mit Franco Foda. © GEPA pictures

Nahe am Burnout

Im Sommer 78 verlor Sturm Heri Weber an Rapid und Kjeld Seneca wurde Opfer einer Knieverletzung. Günter Paulitsch war es, der Gady überredete, den 31jährigen Heinz Schilcher von Straßburg heimzuholen. Eine nachhaltige Aktion, denn Schilcher konnte mit seiner Klasse einen Teil der Ausfälle gut machen, und er brachte aus Nimes noch seinen Ex-Kameraden Marcel Boyron mit. Trotzdem musste Paulitsch in der Abwehr mit Walter Gruber, Heli Krainz, Gerhard Haider, Hans Koller und Franz Wehr experimentieren. Am Ende wurde es – auch dank einer tollen Saison von Gernot Jurtin – wieder der vierte Rang.

„Im dritten Jahr war ich dann bereits nahe am Burn-out, die Doppelbelastung wurde zu groß“, bekennt Paulitsch. Schließlich übergab der Richter im März 1980 an Otto Baric, der dann mit Zvonko Breber, Bozo Bakota und frischer Motivation Sturm 1980/81 in neue Höhen führte.

Präsident Christian Jauk ehrte Günter Paulitsch. © GEPA pictures

Chef des Bezirksgerichtes

Günter Paulitsch beendete seine Trainerkarriere, wurde Vorstand des Grazer Bezirksgerichtes, das er bis zu seiner Pensionierung 2004 leitete. Als Präsident des Golfclubs Murstätten ist er seit vielen Jahren unverzichtbar, die Schipisten des Landes bevölkert er nach wie vor.

Die Sturm-Familie wünscht Legende Günter Paulitsch alles Gute zum 85er, viel Gesundheit und ad multos annos!

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