Ein Mann schaut in die Kamera.
Klubnews

Unser „Präsi“ schaut demütig auf ein bewegtes Jahr zurück

„Fußball ist das Lagerfeuer der Gesellschaft!“ Langzeit-Präsident Christian Jauk gibt einen tiefen, hochinteressanten Einblick auf das abgelaufenen Spieljahr aus seiner Sicht.

Du gehst dem SK Sturm jetzt bald 14 Jahre als Präsident voran, hast in dieser Zeit zwei Meistertitel und drei Cupsiege errungen, dazu viele internationale Erfolge gefeiert. Womit dein Name als erfolgreichster und längstdienender Klubboss unauslöschbar in den Sturm-Annalen verankert ist. Was ist das für ein Gefühl?
Dieser Rekord ist mir nicht so wichtig, mehr bedeutet mir, darauf hinzuweisen, dass solche Erfolge nur möglich sind, wenn die Sturm-Familie gemeinsam mit Freude und Zuversicht ein Ziel verfolgt. Das beginnt bei jedem einzelnen Fan, der dazu beträgt, dass der Funke von der Tribüne auf die Mannschaft überspringt, bis zur Klubführung, die mit Ruhe und Überzeugung die Rahmenbedingungen im Verein schafft.

Wie hat sich der SK Sturm in diesen 14 Jahren verändert, was hat sich im heimischen Fußball geändert?

Die Veränderungsgeschwindigkeit ist höher als in den Jahrzehnten zuvor, davon ist auch der Fußball betroffen. Die wissenschaftliche Auswertung von Daten und Analysen, neue sportmedizinische und mentale Erkenntnisse haben enorm an Bedeutung gewonnen. Ebenso die Digitalisierung, die ganz neue Kommunikationswege zu den Fans eröffnet hat. Leider ist der Fussball in die Hände von Investoren geraten. Sturm bleibt sich und dem Vermächtnis unserer Gründer aber treu. Fußball ist das letzte Lagerfeuer der Gesellschaft.


Der Umsatz von 92 Millionen Euro aus der Saison 2024/25 wird als historischer Ausreißer nach oben bezeichnet. Oder lässt sich dieses Level sogar weiter halten?

Die Champions-League-Gruppenphase noch einmal zu erreichen, wird aufgrund der Länderkoeffizienten und vor allem durch die Veränderung des Modus’ für österreichische Vereine beinahe unerreichbar. Unsere CL ist die Europa League. Die Erträge aus diesem sensationellen Jahr haben wir in die Mannschaft reinvestiert genauso wie in unser Jahrhundertprojekt Puntigam.

Darf man das Trainingszentrum in Puntigam als Jahrhundertprojekt bezeichnen? Wann wird es fertig sein?
Der Plan ist, im vierten Quartal 2026 zu eröffnen, die Bagger sind bereits im Einsatz. Leider empfinden viele ein Projekt in dieser Größenordnung als Selbstverständlichkeit, dabei bedeutet es für uns einen enormen finanziellen Kraftakt. Bislang gab es bei jedem Infrastrukturprojekt stets eine Drittellösung, wobei die Stadt, das Land und der Klub je ein Drittel der Kosten beigetragen hat. Davon sind wir diesmal weit entfernt, denn Sturm stemmt allein mehr als die Hälfte der Gesamtinvestition.

Ein Mann zeigt einen Schal.
Christian Jauk, Sturm-Präsident mit Herz und Seele. © SK Sturm

Die scheinbar unendliche Stadionfrage hat 2025 neue Facetten dazubekommen. Wird es jemals eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung geben?

So nahe wie jetzt waren wir noch nie an einer Entscheidung, nun hängt es am politischen Willen der Grazer Stadtregierung. In den kommenden Wochen müssen sie sich endgültig deklarieren. Ohne Lösung wird es auf Dauer keinen Spitzenfussball in Graz geben. Unsere Leistungen liegen weit über unseren Möglichkeiten.

Trotz einer Niederlagenserie im Herbst in Liebenau ist die Arena stets ausverkauft, die VIP-Areale quellen über. Dazu hält der SK Sturm bei mehr als 20.000 Mitgliedern. Was macht unsere Fans so besonders?

Leider sind wir in der Heimstatistik an letzter Stelle in diesem Herbst. Das tut mir weh. Besonders für unsere Fans, da kann auch eine exzellente Auswärtsbilanz den Schmerz nur ein wenig lindern. In unseren 09-Grundsätzen gibt es ein klares Bekenntnis zur Treue und zum Besuch unserer Spiele. Ich bin stolz, dass das bei uns gelebt wird, wie bei keinem anderen Klub.

Den zahlreichen Erfolgen – und abgelieferten Abgaben von knapp 30 Millionen Euro allein in der Saison 2024/25 – entsprechend hoch sollte der Stellenwert des SK Sturm auch bei der Stadt- und Landespolitik sein. Ist er das tatsächlich?
Sturm zahlt ein Vielfaches des Grazer Sportbudgets in die öffentlichen Töpfe ein. Das sollte Antwort genug sein. Die Politik erkennt einfach nicht den enorm hohen emotionalen Stellenwert, den der SK Sturm in diesem Land innehat. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben unsere Titel die Menschen in der ganzen Steiermark und darüber hinaus begeistert und euphorisiert.

Welchen Stellenwert hat der SK Sturm bei internationalen Auftritten bei den Gegnern. Wie begegnen euch die Verantwortlichen von Dortmund, aus Rotterdam oder von den Glasgower Klubs?
Diese Begegnungen sind für uns Klubverantwortliche besonders wertschätzend und motivierend. Viele sind erstaunt, wie wenig Unterstützung wir von der der öffentlichen Seite erhalten und dennoch mit unseren vergleichsweise bescheidenen Budgetmöglichkeiten ein ernsthafter Gegner sind. Sturm ist in Europa ein Verein, den man kennt und damit die Stadt Graz international vermarktet.

Zwei Männer mit einer Trophäe.
Langdienendes Erfolgsduo: Geschäftsführer Wirtschaft Thomas Tebbich (rechts), seit knapp zehn Jahren im Amt und Präsident Christian Jauk, der seinem Klub seit 2012 vorsteht. © SK Sturm

Deine sportlichen Wünsche und Ziele für das Jahr Frühjahr 2026? Was erwartest du dir vom neuen Trainer?

Zuerst wollen wir die bestmögliche Ausgangsposition für das Meister-Playoff erreichen. Ganz wichtig ist die Zurückgewinnung unserer Heimstärke. Wir sind oft in Führung gegangen, hatten auch viele Expected Goals und sind dennoch häufig als Verlierer vom Platz gegangen. Eine zu hohe Erwartungshaltung darf nicht zur Belastung werden. Unser Ziel muss sein, als Sturm-Familie auf der Tribüne und auf dem Spielfeld gemeinsam zu gewinnen.

Du führst den SK Sturm jetzt seit Jänner 2012 als „Präsi“ durch alle Höhen und Tiefen. Von Amtsmüdigkeit ist keine Spur. Oder hast du bereits einen persönlichen Plan für die Zeit nach Sturm aufgestellt?

Darüber hatte ich noch keine Zeit nachzudenken. Ich lebe im Hier und Jetzt und versuche, alles für den SK Sturm zu geben. Da muss ich auch meiner Familie für die Unterstützung danken.

Was gibst du der treuen Sturm-Familie zum Jahresabschluss mit?

Fussball spiegelt das Leben wider. Es beinhaltet Höhen und Tiefen. Nur wo Vertrauen und Zuversicht spürbar ist, können wir gemeinsam erfolgreich sein. In den letzten beiden Jahren ist der Titel jeweils erst in der letzten Viertelstunde entschieden worden. Ich kann mich nur bedanken für das Herzblut und die Leidenschaft meiner Sturm-Familie. Dass wir die Treue und die Werte mit Sturm gemeinsam leben, macht mich stolz. Ich wünsche allen viel Glück und Gesundheit und schöne Stunden mit unserem SK Sturm.

Gibst du dir über den Jahreswechsel frei? Bleibt genug Zeit für die Familie?

An der Spitze von Sturm zu stehen, bedeutet, 365 Tage im Jahr da zu sein. Das schwarzweiße Familienoberhaupt sein zu dürfen, erfüllt mich mit Dankbarkeit und Demut.

Diesen Beitrag teilen

Themen in diesem Beitrag