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Fotoedition zum Double-Sieg

Der Grazer Erwin Polanc hat mit der fünfteiligen Serie „JEWELS“ einen künstlerischen Bildessay geschaffen. Im Fokus stehen die gewonnenen Trophäen, Konfetti und Luftschlagen der Siegesfeiern sowie schwarze Trauben.

Geschichte hinter den Bildern

Da liegt es nun, das Objekt der Begierde. Oder besser gesagt: da schwebt es? Die Rede ist von einem 11,5 Kilogramm schweren Messingobjekt, das alljährlich zu Meisterschaftsende in die Höhe gestemmt, in die Luft geworfen, bestaunt, geküsst, ehrfürchtig berührt und vor allem häufig fotografiert wird – der Meisterteller der Österreichischen Bundesliga. Auch der Grazer Fotokünstler Erwin Polanc hat die gefragte Trophäe in seinem Studio abgelichtet und zeigt sie auf ungewöhnliche Weise: in Hinteransicht, also aus der Sicht der Sieger, wenn sie den Pokal den begeisterten Fans präsentieren. Aus dieser Perspektive weist die Auszeichnung für den Fußballmeister plötzlich Ähnlichkeiten mit einem unbekannten Flugobjekt auf. Ist dieses goldene UFO nun auf einem quasi-marmorierten Rechteck gelandet? Oder schwebt dieses Kultobjekt im Raum?

Der 42-jährige Fotograf stellt in seiner fünfteiligen Serie „JEWELS“, für die er die Originaltrophäen der Bundesliga – Meisterteller und Cuptrophäe – eine Woche lang zur Verfügung gestellt bekam, Fragen. Grundsätzliche Fragen über das Abbilden von Gegenständen, über das Leistungsvermögen des Mediums Fotografie, auch Fragen über die Halbwertszeit von Glück und Euphorie, ausgelöst durch den Double-Triumph von Sturm Graz. Der in Friesach geborene, in Neumarkt in der Steiermark aufgewachsene freischaffende Fotograf und Lehrende für Fotografie und Multimedia Art an der Abteilung für Kunst und Design an der Grazer Ortweinschule näherte sich dem Thema über die Form der Gegenstände an. Welche Eigenschaften haben die begehrten Trophäen? Welche Materialität liegt vor, welche Spiegelungen, Reflexionen ergeben sich beziehungsweise wie kann man ihnen entgegenwirken?

„Für mich sind die einfachen Formen des Tellers und des Pokals visuell interessant, auch die weihevolle Aura, die diese Gegenstände umgibt“, sagt Erwin Polanc. Vom ersten, spontanen Bildeindruck ausgehend, bieten seine Fotos bei näherer Betrachtung die Chance für Entdeckungsreisen: scheinbare Kleinigkeiten gewinnen an Bedeutung, wollen erschaut, befragt und interpretiert werden. Apropos Kleinigkeiten. Für ein Bild aus der Serie „JEWELS“ hat Polanc weißes Konfetti, das bei der Meisterfeier in der Merkur Arena auf die Sturm-Spieler herabgefallen sind, auf schwarzem Grund fotografiert. Exakt 25 Stück. Er hat diese Relikte des kollektiven Jubels auf dem Untergrund so verteilt, dass für das fußballaffine Auge der Eindruck von (ziemlichen chaotischen) Mannschaftsaufstellungen – noch dazu in personeller Überbesetzung – entsteht. Kein 4-4-2 ist hier erkennbar, eher ein eigenartiges 4-3-3-1- und ein 3-6-5-System. Die am Pfingstsonntag von Fans eingesammelten Papierschnitzel sind formal unterschiedlich. Könnte das nicht ein Vogel sein? Oder das ein Papierflugzeug? Ein Pflaster? Ein seltsames Tier mit einem Horn? Eine Sitzgelegenheit? Diese für Fans fast schon „heiligen Konfetti“ (Polanc) verweisen auch auf die Vergänglichkeit des Glücksgefühls der Sieger.

Mit viel Akribie in der Ausleuchtung und einem raffinierten Spiel mit Formen und Farbtönen rückt Erwin Polanc den Cup-Pokal ins Bild. Das Foto verdeutlicht, dass sich die Trophäe Prunkfantasien in Edelmetall, Marmor oder Kristall (wie anderenorts üblich), verweigert. Die für Objekte dieser Art unübliche Verwendung des Materials Holz steht für ein Bekenntnis zur heimischen Rohstoffen. Polanc‘ Pokal-Bild überzeugt ebenfalls durch Klarheit, durch eine präzise, ausgeklügelte Bildgestaltung, die das dreidimensionale Objekt auch in der zweiten Dimension ansehnlich macht. Ähnlich agiert der Fotograf beim Bild jener goldenen Luftschlangen, die bei der Doublefeier am Pfingstmontag auf dem Grazer Hauptplatz auf die Fans heruntergefallen sind. Er fotografiert die glitzernd-schillernden Bänder stilllebenartig im Studio. Die Überbleibsel einer rauschenden Festivität gemahnen an die Flüchtigkeit eines Höhenfluges. Wir wissen: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

In seinem fünften Foto zeigt Polanc Unerwartetes. Das Bild der schwarzen Trauben auf dunkler Fläche erinnert an niederländische Früchtestillleben, deren Botschaft so lautete: Alles Irdische ist nicht von Dauer. Das Traubenbild von Polanc ist von extremer Tiefenschärfe und einem malerischen Grundton geprägt. Sturm-Fans mögen auch an die von Ex-Coach Christian Ilzer stets propagierte „Erntezeit“ im Frühling einer Fußballsaison denken. Jener Zeit, in der es gilt, Erfolge einzufahren. Konfetti, Meisterteller, Trauben, Luftschlangen, Cup-Trophäe: Mit der ihm eigenen, auf Perfektion abzielenden Bildsprache, entführt Erwin Polanc in dieser Auftragsarbeit für das Buch „Doublejubel – Samma Meister/Samma Cupsieger“ in eine entrückte Welt, wohlgemerkt ohne digitale Nachbearbeitung. Der Serientitel „JEWELS“ bezieht sich auf die ins Bild gerückten Kostbarkeiten und auf den gleichnamigen Fanklub von Sturm Graz.

Die Bilder der Edition „JEWELS“ (2024) sind in einer Auflage von fünf Stück erschienen (Inkjet-Pigment-Druck, verschiedene Formate, kaschiert, gerahmt und verglast). Anfragen bitte an: erwin@erwinpolanc.com

Die Bilder der Edition „JEWELS“ (2024) sind in einer Auflage von fünf Stück erschienen, Anfragen bitte an: erwin@erwinpolanc.com

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