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Ex-Präsident Hannes Kartnig zum Siebziger

Am 27. Oktober feiert Hannes Kartnig seinen Siebziger. Der Sturm-Präsident von Dezember 1992 bis Oktober 2006 erreichte mit Sturm die größten Erfolge – zwei Meistertitel, drei Pokalsiege, drei Champions-League-Teilnahmen – und schlitterte ab 2001 in eine Existenz bedrohende Überschuldung, die im Konkurs-Antrag 2006 und dem Beinahe-Ende des SK Sturm endete.

Kartnig polarisiert

Hannes Kartnig polarisiert wie kein anderer. Für die einen ist er noch heute der Mann, der Sturm mit Heinz Schilcher und Ivica Osim auf den rot-weiß-roten Fußball-Olymp führte. Für die anderen ist er der Präsident, der die schwarzweiße Sturm-Identität verraten hat und den Klub beinahe ins Out geführt hätte. Wie auch immer, Hannes Kartnig ist und bleibt ein Teil der 112-jährigen Sturm-Geschichte – und kein kleiner. Geboren in Gleisdorf, versucht sich der gelernte Goldschmied schon in jungen Jahren in der Werbebranche. Nach dem Scheitern des ersten Versuches baut er schließlich seine Perspektiven-Werbung zu einem beachtlichen Unternehmen aus. Von klein auf Sturmfan drängt der extrovertierte Unternehmer schon Mitte der 1980er-Jahre auf die Übernahme des SK Sturm. 1989 scheitert der Übernahmeversuch in einer Generalversammlung im Juli, führt aber zum Rückzug prominenter Vorstandsmitglieder. Im Dezember 1992 ist es dann soweit. Kartnig, Präsident des Eishockeyklubs EC Ottakringer, wird vom damaligen Sturm-Vorstand in höchster Not gebeten, den Klub zu übernehmen. Sturm ist verschuldet und zum zweiten Ma hintereinander ins mittlere Play-off der Bundesliga gerutscht.

Hannes Kartnig, Heinz Schilcher, Ivan Osim.
Jubilar Kartnig mit Ivica Vastic im Jahr 2000.
Ivan Osim und Hannes Kartnig, seinerzeit in der Gruabn.

Kartnig übernimmt

Kartnig übernimmt und holt sofort den erfahrenen Heinz Schilcher als Sportdirektor. In einer Zitterpartie wird 1993 gerade noch der Ligaverbleib geschafft. 1993/94 hat man das Glück, auf hervorragende Sturmspieler aus dem Nachwuchszentrum zurückgreifen zu können, in diesem Übergangsjahr entwickeln sich Spieler wie Mario Haas, Markus Schopp, Günther Neukirchner, Gili Prilasnig, Arnold Wetl und Co. zu Stützen. Von 1994 bis 2001 dann die „goldene Ära“: Schilcher gewinnt Ivica Osim, Kartnig engagiert Ivica Vastic. Ein erster VIP-Klub entsteht, Merchandising und Marketing werden auf neue, bisher bei Sturm unbekannte Ebenen gehoben. Schon 1995 schrammt Sturm ganz knapp am ersten Titel vorbei. Es folgen die Zugänge Hannes Reinmayr und Roman Mählich und 1996 der erste Pokalsieg der Klubgeschichte. Im selben Jahr erregt die Marketing-Sensation Giuseppe Giannini Aufsehen und abermals gelingt der Pokalsieg. Mit dem neuen Schwarzenegger-Stadion, das im Juli 1997 eröffnet wird, geht die Post ab. Mit Franco Foda, Markus Schupp, Tommy Kocijan und Co. verstärkt, eilt Sturm mit Riesenvorsprung zum ersten Meistertitel der Klubgeschichte, dem 1999 der zweite folgt.

Kartnig pokert

Die dreimalige Champions-League-Teilnahme en suite ist bis dato für Österreich einmalig, im Herbst 2000 gelingt dem Osim-Team sogar die Sensation des Gruppensieges mit dem 2:2 von Istanbul. Kartnig ist am Höhepunkt der Popularität, Sturm scheint in Geld zu baden. Seine Strahlkraft als Seitenblicke-Star und Selbstdarsteller beeindruckt die Prominenz. Doch dieser Höhepunkt ist auch der Beginn des tiefen Falls: Das Bosman-Urteil von 1995 und der EU-Beitritt bieten neue trügerische Möglichkeiten. Man spart sich Ablösesummen, doch die Spieler werden immer teurer, bei Abgängen – wie im Fall Vastic – gibt es keine Einnahmen mehr. Abgesehen vom Akademie-Platz in Gössendorf investiert Sturm nichts in die Infrastruktur des Klubs. Das Geld geht ausschließlich in teure Transfers – Charles Amoah, Mario-Haas-Rückholung aus Straßburg, Francisco Rojas – sowie in teure Spielerverträge. Als im Sommer 2001 nur Rang vier herausschaut, baut Kartnig das Team radikal um. Zwar schafft Ivan Osim mit der neuen Truppe 2002 wieder den Vizemeister. Doch als dann die vierte Champions-League-Teilnahme mit den beiden Spielen gegen Maccabi Haifa ganz knapp platzt, weiß auch Kartnig, dass die finanzielle Situation dramatisch ins Negative kippt. Nach dem Ausscheiden gegen die Israelis schimpft er lautstark im Presseraum über Trainer und Manager, was in der Folge zum Rücktritt von Ivica Osim – mit anschließendem Arbeitsrecht-Prozess führt.

Hannes Kartnig.
Hannes Kartnig.

Kartnigs Bilanz

Die „Rettergruppe“ gibt am 30.10.2006 die Bankgarantie mit 750.000 Euro Kaution zur Fortführung des Spielbetriebes. Mit 15 Millionen Euro Überschuldung und 140 Gläubigern wird der Antrag auf Zwangsausgleich gestellt. In einer Herkulesarbeit von Dr. Michael Drexel, der die schwierigen Gläubigerverhandlungen führt, von Christian Jauk, der die Investoren Raiffeisen, GRAWE und Styria gewinnt, gelingt am 25. Jänner 2007 der Ausgleich. „Sturm ist frei“, verkündet der neue Präsident Hans Rinner, der mit Christian Jauk das neue Führungsduo bildet. Ende gut, alles gut, für den SK Sturm beginnt ein neues Märchen mit schwarzweißer Tradition. Schuldenfreiheit schon 2009, Euro-League, Cupsieg, abermaliger Meistertitel. Die Ära Hannes Kartnig mit unglaublichen Höhen und Tiefen ist beendet. Kartnig wird – im Gegensatz zu Funktionären eines anderen Klubs – mit aller Härte verurteilt. Heute ist das alles Vergangenheit und Geschichte.

Der SK Sturm wünscht dem ehemaligen Präsidenten, der den Sturmfans so viel Freude aber auch viel Kummer beschert, der Höhen und Tiefen in der Klubgeschichte wie kein anderer durchlebt hat, alles Gute, viel Gesundheit und noch schöne Jahre.

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