Vor bald 42 Jahren spielte Sturm europäisch groß auf. Das Viertelfinale gegen Nottingham Forest ließ ganz Graz beben – ein Abend, der bis heute nachhallt.
Sturm – Nottingham: Vor bald 42 Jahren
Der 21. März 1984. Ein Datum, das in der Geschichte des SK Sturm Graz unauslöschlich eingebrannt ist. Wer damals im alten Liebenauer Stadion dabei war, erinnert sich bis heute an dieses Spiel – an Gänsehaut, Jubel, Entsetzen und an eine Mannschaft, die ganz Europa in Staunen versetzte.
Seit Herbst 1983 marschierte Sturm mit Leidenschaft durch den UEFA-Pokal. Sportul Studentesc Bukarest, Hellas Verona, Lok Leipzig – sie alle mussten sich Steiner, Bakota und Co. geschlagen geben. Vor allem das Heimspiel gegen Verona am 2. November 1983 bleibt legendär: 5000 italienische Fans verwandelten Liebenau in ein brodelndes Stadion voller Emotion. Auch in der heimischen Liga mischte Sturm im Frühjahr 1984 ganz vorne mit – es war eine Zeit, in der Graz Fußballträume lebte. Trainer Gernot Fraydl, der kühle Stratege, und sein feuriger Assistent Robert Pflug formten aus ihrer Mannschaft einen verschworenen Haufen. Mit einem mutigen Plan reiste Sturm am 7. März zum Hinspiel ins legendäre City Ground von Nottingham. Dort, wo Europas große Klubs schon gescheitert waren, hielt Sturm stand. Nach 0:0 zur Pause traf Paul Hart in Minute 70 zum 1:0 für die Engländer – mehr ließ Sturm nicht zu. In der 87. Minute rettete Rudi Schauss spektakulär auf der Linie. Die tausend mitgereisten Fans feierten ihre Helden trotz der knappen Niederlage: Dieses 1:0 war ein Resultat, mit dem man leben konnte – und das Hoffnung machte. Zurück in Graz setzte sofort ein wahrer Ansturm auf die Karten ein. In der Maiffredygasse 14, Sturms damaliger Geschäftsstelle, standen die Fans Schlange. Zusatztribünen wurden errichtet, Liebenau bereitete sich auf ein Fußballfest vor. Die Briten bezogen Quartier in Bad Gleichenberg, Landeshauptmann Josef Krainer lud zum Empfang ins „Milchmariandl“ – ganz Graz war im Sturmfieber.
Dann kam der große Tag: Mittwoch, 21. März 1984. 22.000 Zuschauer, ein ausverkauftes Stadion, Musikkapellen aus Groß St. Florian und Bad Gams, tausend englische Fans auf der Südkurve. Schiedsrichter Romualdas Yushka aus der Sowjetunion führte die Teams aufs Feld.
Der Spielfilm
Von Beginn an fightete Sturm mit Herz und Leidenschaft. In Minute 19 der erste Aufschrei: Bakota nach einer Flanke von Breber. In der 37. Minute zischte ein Schuss von Hörmann hauchdünn vorbei. Dann die 44. Minute – der Moment, an dem Liebenau bebte: Doppelpass Bakota–Jurtin, Foul von Anderson, Elfmeter! Und natürlich – Božo Bakota selbst verwandelt eiskalt. 1:0 für Sturm! Die zweite Hälfte wurde zum Sturmlauf der Engländer. Nottingham drückte, aber Sturm hielt dagegen – Breber rettete in Minute 52 auf der Linie, Saria parierte glänzend. In der Schlussphase bot sich sogar die Chance zur Entscheidung: Ein Bakota-Fallrückzieher in Minute 85 knapp drüber, Szokolai in der 89. Minute um Zentimeter vorbei.
Dann die Verlängerung. Sturm kämpfte bis zur Erschöpfung. In der 113. Minute verpasste Jurtin nach Thonhofer-Flanke das mögliche 2:0 nur knapp. Noch sieben Minuten bis zum Elfmeterschießen – und dann die Szene, die bis heute schmerzt: Minute 114, ein Kopfballduell zwischen Hörmann und Hodge, Schiedsrichter Yushka zeigte auf den Punkt. Entsetzen. Walsh verwandelte zum 1:1, Sturm war draußen. Das Stadion verstummte, dann ein gellendes Pfeifkonzert. ORF-Kommentator Robert Seeger, der mit Gerd Renner auf der Laufbahn saß, zertrümmerte aus Wut seinen Kopfhörer. Yushka musste unter Polizeischutz das Stadion verlassen. Im Gasthaus Teichhof wurden später die Wunden geleckt, Ex-Trainer Karl Schlechta spendete Trost. Es war ein bitterer Abend.
Und doch: Was bleibt, ist mehr als ein Ergebnis. Es bleibt die Erinnerung an eine Mannschaft, die mit Mut und Leidenschaft Großes wagte. An eine Stadt, die für ihren Klub brannte. Und an ein Spiel, das zeigte, dass Sturm Graz schon damals bereit war, Geschichte zu schreiben.
SK Sturm Graz 1:1 n.V. (1:0) Nottingham Forest
Sturm Graz: Saria – Andy Pichler – Schauss, Steiner, Feirer – Breber, Hörmann, Peter Huberts (60. Thonhofer) – Bakota, Szokolai, Jurtin
Nottingham Forest: Van Breukelen – Fairclough – Anderson, Hart, Swain – Bowyer, Thijssen, Hodge, Walsh – Davenport, Birtles; Coach: Brian Clough